Schankanlagen funktionieren relativ einfach: Das Getränk befinet sich in einem Fass. Ein Treibgas drückt das Getränk aus dem Fass durch den Kühler in den Zapfhahn. Problem: Das Fass ist nicht durchsichtig (Aluminimum) und man kann nicht direkt sehen wie voll das Fass ist. Speziell im privaten Bereich, wo die Schankanlage nicht täglich im Betrieb ist, ist das ein Problem. Vor einer Feier stellt sich dann die Frage: Brauche ich ein neues Fass, oder ist noch genug im Alten?
Die Bier Fass Waage löst dieses Problem:
- Das Fass wird auf die Waage gestellt.
- Die Waage misst kontinuierlich das Fass-Gewicht und zeigt auf einem Display die Anzahl der verbleibenden Getränke im Fass an:
Funktionsweise
Die Funktionsweise ist relativ einfach:
- Die Fasswaage hat 4 Füße, mit jeweils einer Wägezelle.
- Die 4 Wägezellen sind in einer Wheatstonesche Messbrücke verschaltet.
- Die Messbrücke ist an ein HX711 Modul angeschlossen, das als Verstärker und Analog-Digital-Wandler dient.
- Das HX711 Modul wird von einem Arduino Nano ausgelesen, an dem auch ein Display und 2 Taster angeschlossen sind.
- Stromversorgung aller Komponenten erfolgt über den USB-Port des Arduino Nano.
Schaltplan
Ich habe viel über die Wägezellen und die Wheatstonesche Messbrücke von beelogger.de - Stockwaage für Imker gelernt.
Das I2C Display muss an die Hardware-I2C-Pins des Microcontrollers angeschlossen werden (bei meinem Board A4
und A5
).
Die restlichen Pins wurden so gewählt, dass die Verkabelung möglichst einfach ist.
Der Kondensator am HX711 Modul dient dazu, die Spannung am Modul möglichst stabil zu halten. Das kann die Messgenauigkeit erhöhen.
Berechnung
Das HX711 Modul liefert einen 24bit Wert der zuerst in ein Kilogramm Gewicht umgerechnet werden muss.
Mit den 2 Tastern kann im Menü die Kalibrierung gestartet werden. Daraufhin kann müssen 2 bekannte Gewichte auf die Waage gestellt werden, und die genauen Gewichtwerte eingegeben werden. Aus diesen 2 Punkten errechnet der Microcontroller einen Offset und einen Skalierungsfaktor, die verwendet werden um die rohen 24bit Werte vom HX711 in Kilogramm-Gewichte umzurechnen.
Außerdem kann im Menü das Gewicht eines leeren Fasses, eines vollen Fasses, und die Kapazität eines Glases eingestellt werden. Aus diesen Werten ergibt sich der Fass-Füllstand (Fortschrittsbalken und Prozentzahl) und die übrige Anzahl an Getränken im Fass.
All diese Einstellungen werden im EEPROM des Arduino Nano gespeichert.
Hardware
Für das Grundgestell verwendete ich 20mm Konstruktionsprofile die ich noch von einem anderen Projekt übrig hatte.
Diese wurden in einem H
angeordnet, so dass das Fass stabil abgestellt werden kann.
Die größte Herausforderung werden die Füße:
- Die Füße müssen am Konstruktionsprofil befestigt werden.
- Die Füße müssen die Wägezelle in sich halten.
- Die Wägezelle braucht eine Ausnehmung, damit sie sich biegen kann.
- Das Fuß-Teil, das Druck auf die Wägezelle ausübt muss leicht beweglich sein.
- Trotzdem soll dieses Teil eine Führung haben und sollte nicht herausfallen wenn man die Waage hoch hebt.
- In der Schankanlage befinden sich Schienen → Die Füße müssen höher sein, damit das Gewicht auf den Wägezellen und nicht auf den Schienen liegt.
Nach einigen Stunden 3D Design, habe ich den Fuß so entworfen: Ein Fuß besteht aus 2 Teilen.
- Die Halterung, die am Konstruktionsprofil befestigt wird und die Wägezelle hält.
- Und der Fuß, der Kontakt zum Boden hat, sich auf und ab bewegen kann und Druck auf die Wägezelle ausübt.
4x 30mm M3 Schrauben mit Beilagscheiben und Muttern halten die Wägezelle in der Halterung. Die Schrauben sind gleichzeitig lang genug um das Fuß-Teil zu führen und festzuhalten.
Fuß-Halterung in FreeCAD:
Die Fuß-Halterung und der Fuß selber wurden auf einem Anycubic Vyper 3D Drucker mit PLA Filament ausgedruck. Um die Stabilität zu gewährleisten wurden 5 Perimeter, 5 solide Bottom- und Top-Layer, sowie ein 70% In-Fill verwendet. Der 3D-Druck aller Fuß-Teile zusammen dauerte ca. 12h.
Fuß-Halterung mit der Wägezelle angeschraubt:
Fuß-Halterung mit Fuß-Teil:
Die Muttern am Fuß-Teil müssen ganz locker sein um das Messergebnis nicht zu verfälschen. Die Muttern dienen nur dazu, dass der Fuß nicht abfällt.
Die Fass-Waage von unten komplett aufgebaut:
Die Leitungen der Wägezellen wurden in der Führung des Konstruktionsprofil versteckt und mit Duct-Tape abgedeckt. Das HX711 Modul befindet sich in der Mitte, in einer ebenfalls 3D gedruckten Halterung, die in das Konstruktionsprofil passst. Das Modul kann über ein 4-Poliges Kabel mit Standard-DuPont-Stecker verbunden werden.
Gehäuse
Das Gehäuse für den Mikrocontroller, Display und Taster wurde aus 5mm dickem Sperrholz mit Laser-Cutter ausgeschnitten:
Die Pläne für so eine Box mit beliebigen Maßen lassen sich ganz einfach auf makercase.com generieren.
Die Halterung für die Platine ist ebenfalls 3D gedruckt. Die Platinenhalterung wurde mit M2 Einpressmuttern mit Gewinden versehen, an denen die Platine angeschraubt werden kann.
Das Display hat leider eine Erhebung, wodurch es nicht einfach Flach am Holz angeschraubt werden konnte. Deshalb wurde eine spezielle Halterung für das Display ebenfalls 3D gedruckt.
Fazit
So schaut die Fass Waage komplett zusammengebaut aus:
Schlussendlich wurde das Gehäuße noch lasiert, damit es zur Schankanlage passt, und auf eben jene angeschraubt:
Es funktioniert! Nach jedem gezapften Glass, geht der Zähler um 1 nach unten. In den ersten Tests lag die Genauigkeit bei ungefär 50g. Nach dem die Waage zum ersten Mal mit dem über 40kg schweren Fass belastet wurde, haben wir einen Drift beobachtet und eine Genauigkeit von nur ~200g (was immernoch genug ist für diesen Verwendungszweck). Vermutlich müssen sich die Wägezellen zuerst einbiegen und stabilisieren sich dann. Ich bin gespannt wie genau die Waage dann nach einiger Zeit ist.
Mit dem linken Taster können, anstatt der Anzahl an übrigen Getränken und dem Füllstand, auch noch die exakten Gewichte inspiziert werden:
Es war ein relativ kurzes, aber doch herausforderndes Projekt. Das 3D Design und auch die ganze Firmware samt User-Interface in einen Arduino Nano zu pressen war doch etwas schwieriger als gedacht.
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